Farbenlehre - Beginner
Die Farbenlehre fasziniert uns sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus kreativer Sicht. Sie ist die Arbeitsgrundlage aller Make-up Artists, für die wir unsere Produkte entwickeln und Paul Merchant, Head of Make-up bei Kryolan UK, sagt: „Die Farbenlehre ist wesentlicher Bestandteil der Maskenbildnerei und ebenso wichtig wie die Schmink-Technik. Ohne deren Kenntnis und Wissen hätten Make-up Artists große Probleme.“ Die Theorie der Farbenlehre hilft Künstlern nicht nur, Hauttöne zu erkennen, abzugleichen und zu korrigieren, sondern auch auffällige, eindrucksvolle, optisch starke Make-ups zu kreieren. Wir werden hier die Grundlagen der Farbenlehre durchgehen: den Farbkreis, die Farbharmonie, Zusammenspiel und Psychologie, sowie Farben, die eigentlich keine sind.
Der Farbkreis
Veranschaulicht wird die Farbenlehre durch den Farbkreis, der eine logische Abfolge der Farben in Bezug zueinander darstellt. Das häufig verwendete Kreisdiagramm, das auf den Farben Rot, Gelb und Blau – oder RYB (red, yellow, blue) – basiert, wurde 1666 von Sir Isaac Newton entwickelt. Seither haben Wissenschaftler und Künstler viele weitere Kreise evolviert, doch der ursprüngliche Farbkreis ist für MUAs immer noch der zweckmäßigste. Der RYB-Farbkreis umfasst zwölf Farbtöne: die Primärfarben Rot, Gelb und Blau. Die Sekundärfarben Grün, Orange und Violett, die durch Mischung der Primärfarben entstehen. Und schließlich die Tertiärfarben Gelb-Orange, Rot-Orange, Rot-Violett, Blau-Violett, Blau-Grün und Gelb-Grün, die durch Mischung einer Primär- mit einer Sekundärfarbe hervorgehen. In vielen Farbkreisen sind die Töne sehr leuchtend dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass die Farbenlehre an sich keinen konkreten Bezug zur Stärke eines Pigments oder der Leuchtkraft einer Farbe hat.Jos Brands, Head of Education bei Kryolan International, sagt: „Unabhängig von dem Make-up Look, den ich kreiere, habe ich bei der Optimierung des Hauttons immer die RYB-Farbenlehre im Hinterkopf. Als MUA muss man die Farben im Gesicht immer im Griff haben. Farben, die von einem natürlichen Hautton abweichen, wirken ‚ungesund’, deshalb müssen wir sie mit Komplementärfarben ausgleichen. Rötungen im Gesicht lassen sich etwa mit Grüntönen neutralisieren.“
Paul Merchant ergänzt: „Bei fast jeder meiner Schulungen fragt jemand, wie man dunkle Ringe unter den Augen abdecken kann. Dann antworte ich, dass das nur über die Farbkorrektur möglich ist und wenn ich es demonstriere, sind alle verblüfft. Dabei ist das einfache Farbenlehre.“
Farbharmonie
Harmonie kann als ästhetisch ansprechend definiert werden, als optisches Gleichgewicht. Harmonie zieht den Blick auf sich und vermittelt eine gewisse Ordnung, was für ein gelungenes Make-up unerlässlich ist.Zur Farbharmonie gibt es viele Theorien – wir werden später noch darauf eingehen – doch die am häufigsten angewandten Methoden sind analoge Farben, Komplementärfarben und Farben aus der Natur. Analoge Farben sind drei beliebige Farben, die auf dem zwölfteiligen Farbkreis nebeneinanderliegen, wie z. B. Gelb-Grün, Gelb und Gelb-Orange. Komplementärfarben sind zwei Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen, wie z. B. Rot und Grün oder Rot-Violett und Gelb-Grün. Diese gegensätzlichen Farben erzeugen einen perfekten Kontrast und höchste Stabilität.
Farben aus der Natur sorgen für eine optimale Farbharmonie. Rot, Gelb und Grün erzeugen immer einen harmonischen Look, unabhängig davon, ob diese Kombination in eine technische Formel der Farbharmonie passt. Im Grunde können all diese grundlegenden Harmonie-Formeln zum Einsatz kommen, um ein ausgewogenes Make-up zu kreieren. Jos Brands erklärt: „Wenn ich Make-up Artists unterrichte, erkläre ich ihnen immer als erstes, dass man mit Farben so kreativ umgehen kann, wie man will, solange man darauf achtet, dass sie aus technischer Sicht im Einklang mit den anderen gewählten Farbtönen stehen.“
Farben im Zusammenspiel
Rot strahlt vor einem schwarzen Hintergrund, doch verblasst vor einem weißen. Im Kontrast zu Orange wirkt Rot leblos, neben Blau-Grün leuchtet es. Je nachdem, wie sie kombiniert werden, können Farben ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Make-up Artists müssen wissen, wie sich Farben aufeinander auswirken. Auch die Wärme oder Kälte der jeweiligen Töne kann unsere Farbwahrnehmung merklich beeinflussen.Farben, die keine sind
Wissenschaftlich werden Schwarz und Weiß nicht als Farben eingestuft, da sie keine messbare Wellenlänge haben. Vielmehr enthält weißes Licht alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts, während es bei Schwarz das Fehlen des sichtbaren Lichts ist. Farbe oder nicht – Schwarz und Weiß gehören seit jeher zu den wichtigsten Farbtönen in der Palette eines jeden MUAs.Starke Wirkung
Ein weiterer Aspekt, mit dem MUAs vertraut sein müssen, ist die Wirkung von Farben. Hierbei sind Vorsicht und die Einhaltung der Grundsätze der Farbharmonie geboten, um den gewünschten positiven Effekt zu erzielen.Aus psychologischer Sicht sind vier Farben entscheidend – Rot, Blau, Gelb und Grün –, doch letztlich nehmen alle Farben Einfluss auf Körper, Geist und Emotionen.
Rot hat die längste Wellenlänge und ist für seine starke physische Wirkung bekannt. Es ist eine kraftvolle, anregende Farbe, weil sie näher zu sein scheint und daher Aufmerksamkeit erregt. Denken Sie nur an die Kraft roter Lippen. Reines Rot ist lebendig und freundlich, kann aber auch als anstrengend und aggressiv wahrgenommen werden.
Blau ist die Farbe des Geistes. Es wirkt eher auf die Psyche, als auf den Körper und kann klares Denken, Gelassenheit und Konzentration fördern. Wie alle Farben hat jedoch auch Blau noch eine andere Seite und kann kühl und abweisend wirken.
Gelb ist emotional. Es hat eine lange, anregende Wellenlänge und die stärkste physische Wirkung. Je nach Nuance kann es das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl steigern oder aber Furcht und Angst auslösen.
Grün ist ausgeglichen, da es in der Mitte des Farbspektrums liegt. Es kann beruhigend wirken und Menschen unterbewusst Sicherheit geben, denn es vermittelt Gesundheit und Wohlstand. Bestimmte Grüntöne können jedoch auch als „starr“ oder langweilig wahrgenommen werden.